Sexualpädagogisches Konzept

Nachdem in den letzten Jahren Missbrauchsfälle verstärkt im Fokus der Öffentlichkeit gestanden haben, sind auch wir in den Kindertagesstätten in der Verpflichtung ein sexualpädagogisches Konzept zu formulieren.

Alle Angestellten im kirchlichen Dienst sind seit dem Jahr 2012 verpflichtet an einer Präventionsschulung teilzunehmen.

 

Die zur Anzeige gebrachten Delikte sind nur die Spitze eines Eisberges. Gerade im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern ist die Dunkelziffer, also die nicht der Polizei bekannt gewordenen Straftaten, viel höher anzusiedeln.

„Ziel und Auftrag der Prävention ist,

dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene Schutzbefohlene sich in allen Bereichen und Einrichtungen unserer Kirche sicher fühlen können. Wir wollen gemeinsam mit allen Beteiligten eine Kultur der Achtsamkeit und des Vertrauens schaffen."

(Kalle Wassong, Präventionsbeauftragter des Bistums Aachen)

Kinder im Vorschulalter sind neugierig auf das andere Geschlecht und entdecken in diesem Alter die eigene Sexualität. Gerade in der Kindertagesstätte wird das Interesse auf besondere Weise geweckt, da viele Kinder unterschiedlichen Alters und Geschlechts in einer Gruppe zusammenkommen.

Für uns ist es wichtig, die entsprechenden Entwicklungsschritte zu beobachten. Wir stellen Regeln auf, die die Kinder schützen und ihnen helfen, Grenzen zu setzen.

 

Ein sexueller Übergriff unter Kindern liegt dann vor,

wenn sexuelle Handlungen durch das übergriffige Kind erzwungen werden bzw. das betroffene Kind sie unfreiwillig duldet oder sich unfreiwillig daran beteiligt. Häufig wird dabei ein Machtgefälle zwischen den beteiligten übergriffigen und betroffenen Kindern ausgenutzt, indem z.B. durch Versprechungen, Anerkennung, Drohung oder körperliche Gewalt Druck ausgeübt wird.

 

1. Beteiligung der Eltern

Die Verantwortung zur Aufklärung zur sexuellen Entwicklung liegt bei den Eltern.

Unsere Kindertagesstätte ist eine familienergänzende Institution mit dem Auftrag, die Kinder in allen Bildungsbereichen zu fördern und in ihrer Entwicklung zu begleiten. Es finden Elterngespräche statt, um die Eltern einzubeziehen und sie sensibel für das Thema zu machen. Den Eltern muss bewusst sein, dass sie Grenzen der Kinder achten, und dass auch sie im Umgang mit ihrem Kind aufmerksame Beobachter sein müssen. Sie sollten die Signale, die ihr Kind aussendet, erkennen und die Erzieherinnen unserer Kindertagesstätte als vertrauenswürdige und kompetente Gesprächspartner erleben, mit denen sie ihre Beobachtungen oder Befürchtungen besprechen können.

Darüber hinaus bieten wir Elterninformationsabende oder -nachmittage zum Thema Prävention an. Diese finden in Zusammenarbeit mit dem katholischen Beratungsdienst für Lebens-, Ehe- und Erziehungsfragen, sowie der Polizei Krefeld, Kommissariat Vorbeugung statt.

Ein Projekt in unserer Einrichtung ist „SMART“, ein von externen Trainern geleitetes Selbstbehauptungs- und Sicherheitstraining. Leider mussten wir coronabedingt eine Zwangspause in der Zusammenarbeit einlegen, sind aber im Januar 2023 wieder einsteigen zu können. Die Lerninhalte sind unter anderem:

  • Es gibt gute und schlechte Berührungen.
  • Ich lasse mich nicht ärgern. Ich kann nein sagen und Bescheid sagen.
  • Wie geht Stopp sagen?
  • Mein Körper gehört mir! Ich darf bestimmen, wer mich anfasst.
  • Schlechte Gefühle und Erlebnisse behalte ich nicht für mich.

Nähere Informationen gibt es unter www.smart-team.de.

Außerdem arbeiten wir mit der „Starken Kinder Kiste“. Die Gruppe der Vorschulkinder führt das Programm mit den Kindern durch. Wir sind von den vorgeschlagenen Angeboten zum Gespräch oder zum Basteln sehr angetan. Auch hierzu findet ein Elterninformationsabend statt und es sind Elterngespräche erforderlich.

 

2. Präventionsregeln:

  • Mein Körper gehört mir!
  • Ich kann mich auf meine Gefühle verlassen und ihnen vertrauen.
  • Es gibt gute, unangenehme und komische Berührungen.
  • Ich darf „Nein' sagen.
  • Es gibt gute und schlechte Geheimnisse.
  • Ich darf Hilfe holen und darüber sprechen, auch wenn es mir ausdrücklich verboten wurde.
  • Kein Erwachsener hat das Recht Kindern Angst zu machen.
  • Welches Kind/ welcher Erwachsener kann dir/uns helfen?

 

3. Was tun wir, um die Präventionsregeln umzusetzen?

  • Wir begegnen den Kindern mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Aufmerksamkeit.
  • Beobachtungen und Dokumentationen werden angefertigt.
  • Wir informieren alle Beteiligten, welche Regeln es gibt und was uns ganz besonders wichtig ist.
  • Einmal jährlich, und bei Bedarf zusätzlich, ist das sexualpädagogische Konzept Thema in einer Dienstbesprechung. Ein Austausch mit Kolleginnen und gegebenenfalls Beratungsstellen unterstützen, geben Sicherheit und erhöhen unser Fachwissen.
  • Wir geben den Kindern stets die Gewissheit, dass sie sich auf ihre Gefühle verlassen können, indem wir mit ihnen reden und ihnen Bestätigung und Sicherheit geben.
  • Wir vermitteln den Kindern, dass wir sie mit ihren Gefühlen wahrnehmen. Sie dürfen auch traurig oder wütend sein.
  • Wir nehmen die Gefühle der Kinder ernst und schenken ihnen Vertrauen.
  • Es gibt Spiele zu Gefühlen, sowie Körperpuzzle und Bilderbücher.
  • Wir achten darauf, dass die Geschlechtsteile (Penis und Scheide) konkret benannt werden.
  • Wir überlegen und besprechen regelmäßig, wie wir die Intimsphäre der Kinder schützen und wahren können.

 

4. Übereinkünfte für verschiedene Bereiche

      4.1 Richtlinie für Doktorspiele

  • Es wird nichts in Körperöffnungen gesteckt
  • Die beteiligten Kinder müssen ein gleiches Level/Alter haben
  • Die beteiligten Kinder müssen einverstanden sein
  • Jede/r muss „Nein' sagen können
  • Das „Nein' des anderen wird akzeptiert
  • Verschiedene non-verbale „Nein-Formen' müssen akzeptiert werden
  • Spiele sind „Privatsache' und finden nicht im öffentlichen Raum statt
  • Keinem darf weh getan werden
  • Das Spiel geht nur so lange, wie beide möchten
  • Ein „Stopp' wird zu jeder Zeit akzeptiert
  • Hilfe holen ist kein Petzen
  • Spiele dürfen unter keinerlei Druck passieren
  • Einschüchtern des anderen darf nie passieren

 

      4.2 Regeln für das Wickeln, den Toilettengang und das Umziehen der Kinder

Alle Kollegen/innen unserer Einrichtung haben die Aufgabe die Kinder bei allen anfallenden Arbeiten rund ums Wickeln, den Toilettengang und das Umziehen zu begleiten und zu unterstützen. In der Regel werden Kinder, die noch gewickelt werden müssen, nur von den Erzieherinnen oder Erziehern der eigenen Gruppe gewickelt. Die Kinder werden unter Berücksichtigung der Intimsphäre auf den Wickeltischen in den Waschräumen gewickelt.

Ist die Bezugserzieherin gerade nicht als Hilfe verfügbar, wird das Kind gefragt, ob es Hilfe von einer anderen Kollegin bekommen möchte.

Nur Schüler und Schülerinnen die sich im Anerkennungsjahr befinden, dürfen die Kinder wickeln, weil auch sie ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen.

Besetzte Toiletten dürfen nicht von anderen Kindern geöffnet werden.

 

     4.3 Leitfaden zum Thema Nacktheit im Planschbecken

Unser Außengelände ist vom Park her sehr gut einsehbar. Um die Kinder vor fremden Blicken zu schützen, möchten wir, dass sie bei Wasserspielen im Sommer immer ein Höschen anhaben.

 

     4.4 Zum Thema sexuelle Aufklärung

Irgendwann stellt jedes Kind die Frage: 'Wie kommen eigentlich die Babys in den Bauch?' Die Kinder zeigen Interesse an den Erklärungen den Eltern und zunächst sind auch die Eltern die Ansprechpartner der Kinder zu diesem Thema. Sie sollten ihr Kind zurückfragen: 'Was hast du schon darüber gehört?' und dann auf dem Vorwissen aufbauen.

Es kann aber durchaus auch in der Kindertagesstätte zu diesen Fragen kommen. Wir erklären den Kindern dann in altersentsprechender Weise, wie es ist. Bei ganz kleinen Kindern reicht die Erklärung, dass ein Kind im Bauch heranwächst, wenn sich 'Mama und Papa ganz liebhaben'.

Vier- bis Fünfjährige sind mit ihrer kognitiven Entwicklung schon viel weiter, da dürfen wir durchaus erklären, dass der Mann den Penis in die Scheide der Frau steckt. Bei Sechs- bis Siebenjährigen kann man noch weiter differenzieren und den Zusammenhang zwischen Samen und Eizelle erläutern. Generell geht es darum, das Reale in einfachen Worten unkompliziert darzustellen. Altersgerechte Bücher sind sehr gute Hilfsmittel bei dem Thema. Ein Austausch mit den Eltern über das Interesse des Kindes ist unverzichtbar.

 

5. Was geht gar nicht?

Praktikant/innen (Schüler), die nur ein kurzes Praktikum begleitend zur Schule in unserer Einrichtung absolvieren, dürfen die Kinder nicht wickeln, umziehen oder beim Toilettengang begleiten.

Sollten sich Eltern im Haus befinden, dürfen sie nur ihrem eigenen Kind beim Wickeln, beim Toilettengang, beim Umziehen helfen, niemals einem fremden Kind.

In unserer Einrichtung unterbinden wir distanzloses Verhalten gegenüber den Kindern.

Fotos und Filme dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung gemacht und/ oder veröffentlicht werden.

 

6. Bei Grenzüberschreitungen und Grenzverletzungen orientieren wir uns an den 6 Handlungsschritten des Bistums:

Was tun bei ... verbalen oder körperlich-sexuellen Grenzverletzungen?

1. Aktiv werden und gleichzeitig Ruhe bewahren!

     Dazwischen gehen und Grenzverletzungen unterbinden. Grenzverletzung und Übergriff deutlich benennen und stoppen.

     Situation klären!

2. Offensiv Stellung beziehen gegen diskriminierendes, gewalttätiges und sexistisches Verhalten!

3. Vorfall im Verantwortlichenteam ansprechen!

    Abwägen, ob Aufarbeitung in der ganzen Gruppe oder einer Teilgruppe sinnvoll ist.

Konsequenzen für die Urheber/innen beraten.

4. Information der Eltern bei erheblichen Grenzverletzungen.

5. Eventuell zur Vorbereitung auf das Elterngespräch Kontakt zu einer Fachberatungsstelle aufnehmen.

Weiterarbeit mit der Gruppe:

6. Grundsätzliche Umgangsregeln mit der Gruppe überprüfen und weiterentwickeln.

Präventionsarbeit verstärken